[:de]Der Mann mit dem langen Messer, dem langen Bart und der Kittelschürze betritt langsam den Raum. Dort herrscht ein karges Bühnenbild, sehr klar und übersichtlich, reduziert auf zwei Podeste. Eines davon, das grössere Podest, dient als Anrichte, doch noch wissen wir nicht für was genau. Ein Splatterstück mit bestialischen Szenen ist denkbar, bei denen das Messer eine Rolle spielen könnte. Oder eine Szene mit IS Kämpfern im Prenzlauer Berg. Die Phantasien werden jedenfalls angeregt. Ich bin beruhigt, als sich wenig später herausstellt: Es ist eine normale Anrichte in einer normalen Küche. Die andere Seite dagegen, ein kleineres Podest, dient als speakers corner.

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Klare Aufteilungen also. Eine Arbeitssituation und, dem gegenüber gestellt, der Ort der öffentlichen Reflexion. Im speziellen geht in diesem Stück, das auf dem Text „L’Orologio è Rotto“ von Nora Cavaccini basiert, um das Leben als Künstler im real existierenden globalen Kapitalismus. Dabei stellen sich ganz reale und sehr dringende Fragen:

Wird ein Künstler überhaupt noch benötigt, wenn es alleine um Verwertbarkeit im ökonomischen Sinne geht? Wie geht ein Künstler mit seiner potentiellen Überflüssigkeit um? Vieles ist denkbar, und alle Möglichkeiten zwischen Anpassung und Totalopposition werden schon lange im realen Leben durchgespielt. Hier läuft ein schleichender Prozess ab, der die Spaltung des Individuums bei vollständigem Bewusstsein ermöglicht. Es ist der Widerspruch zwischen freier Kreativität und gnadenloser Effizienz, und vor allem die Notwendigkeit des Überlebens dabei, die nicht nur Künstler vor schizophrene Situationen stellt.

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Es geht also um Grundsatzfragen. Dabei tickt permanent eine Uhr, das Verrinnen der Zeit ist körperlich erfahrbar. Der Traum eines jeden Künstlers ist es, finanziellen und damit gesellschaftlichen Erfolg durch von gesellschaftlichen Zwängen unbeeinflusste eigene Kreativität zu erlangen. Doch die Zeit zur Umsetzung des eigenen Werkes wird immer knapper. Nur wenige erreichen diesen Traum. Alle anderen nehmen jeden Job an, um die Miete zahlen zu können. Und entfernen sich dabei langsam davon, das eigene Werk verwirklichen zu können. Ein schleichender Prozess, wie bereits gesagt. Ist dies eine Entscheidung, ob bewusst oder unbewusst, die hier getroffen wird? Oder ist diese Situation völlig alternativlos, und führt dementsprechend zu Aggression oder Resignation? Im besten Falle zur Reflektion, wie in diesem Stück grandios in zwei Sprachen, italienisch und deutsch, von Carlo Luiodice dargestellt.

Immer wieder werden die Attacken des Arbeitens, das immer schnellere Hacken mit dem Messer in der Küche, von Textfetzen unterbrochen, die auf der anderen Seite der Bühne stattfinden. Unvermittelte Ausbrüche, Wechsel der Szenen, schnelle italienische Sprache, danach hartes Deutsch, dessen Schwierigkeiten grandios herausgearbeitet sind. Die Dynamik nimmt zu. Die Uhr tickt immer schneller, dann doppelt, das Hacken mit dem Messer erscheint immer bedrohlicher. Wie wird es enden? In einem selbstgeschaffenen Mausoleum für die Kunst, in der sich der Künstler selbst begräbt und seinen Suizid feiert? Oder ist der Weg zu einem schöpferischen Werk, das die Umstände reflektiert und zu etwas Neuem, etwas Eigenem nutzt doch noch möglich?

Am 3. / 5. / 6. / 7. Dezember jeweils um 20:00 Uhr im Ballhaus Ost erfahren wir die Antwort!

Performance mit CARLO LOIUDICE
Konzept/Regie ELETTRA DE SALVO
Regieassistenz/Produktionsleitung GIULIA MANINETTI
Licht/Sounddesign/Bühne EVA GUTIERREZ ALONSO

nach „L’Orologio è Rotto“ von NORA CAVACCINI (Caratteri Mobili)
Media partner False Manners Productions
Illustration von DANIELE ROCCARO

auf ITA und DE

eine Produktion von Loiudice/deSalvo/Cavaccini in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut Berlin und dem Ballhaus Ost Berlin

 

Bitte empfehlen Sie Berlin Kicks:[:en]The Man with the long blade, the long beard and smock slowly enters the room. There exists a meager set, very clear and concise, reduced to two platforms. One of them, the bigger platform, serves as a sideboard, but still we do not know for what exactly. A splatter piece with bestial scenes is conceivable in which the knife could play a role. Or a scene with ISIS fighters in Prenzlauer Berg comes to mind. The fantasies are in any case encouraged. I am relieved when a little later turns out: It is a normal dresser in a normal kitchen. The other side, however, a smaller platform, serves as speakers corner.

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Clear partitions in this set. A work situation and, face to face, the place of public reflection. In particular, what this piece, based on the text „L’Orologio è Rotto“ by Nora Cavaccini, is all about: life as an artist in real existing global capitalism. This gives rise to very real and pretty urgent questions:

Is an artist at all needed, when it comes to usability in economic terms alone? How deals an artist with his potential superfluity? Many things are possible and all possibilities between adaptation and total opposition have long played out in real life. Here takes place a gradual process that allows the division of the individual mind in full consciousness. It is the contradiction between freedom of creativity and merciless efficiency, and above all, the need to survive here, which provides schizophrenic situations not only for artists.

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It therefore involves questions of principle. A clock is ticking away permanently, the passage of time is physically tangible. The dream of every artist is to achieve financial and social success thus unaffected by social constraints of their own creativity. But the time for the implementation of his own work is becoming increasingly scarce. Few achieve this dream. All other take on any job in order to pay the rent. And shift slowly away from being able to realize the own work. A gradual, creeping process, as already stated. Is this a decision, whether consciously or unconsciously, which is taken here? Or is this situation completely without any alternative, and consequently leads to aggression or resignation? In the best case it leads to reflection, as grandiosely represented in two languages, Italian and German, by Carlo Luiodice.

Again and again the attacks of working, the ever faster chopping with the knife in the kitchen, interrupted by text fragments that are taking place on the other side of the stage. Sudden outbursts, change of scenes, fast Italian language, then hard German, whose difficulties are worked out terrificly. The momentum is increasing. The clock is ticking faster and faster, then twice, chopping with a knife appears increasingly menacing. How will it all end? In a self-created mausoleum for the arts in which the artist himself celebrates his own suicide? Or towards a creative work that reflects the circumstances and leads to something new, something own?

On 3 / 5 / 6 / 7 December respectively at 20:00 at Ballhaus Ost we learn the answer!

Performance with CARLO LOIUDICE
Concept/Director ELETTRA DE SALVO
Assistant Director/production manager GIULIA MANINETTI
Light/sound design/stage EVA GUTIERREZ ALONSO

After „L’orologio è Rotto“ by NORA CAVACCINI (caratteri Mobili)
Media partner false manners productions
Illustration by DANIELE ROCCARO

on ITA and DE

A production of Loiudice/deSalvo/Cavaccini in collaboration with Italienischen Kulturinstitut Berlin and Ballhaus Ost Berlin

 

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