[:de]Morgen startet im Erdgeschoss des Gropius Baus eine grosse Installation, die unglaublich viele verschiedene Facetten aus sehr verschiedenen Kunstgattungen zeigt. Fashion, Fotografie, Architektur, Installationen, Plastiken, immer wieder Plastiken aus solch unterschiedlichen Materialien wie Acryl und Beton; und es werden sogar Bücher ausgestellt. Eine wirklich ungewöhnliche Mischung, und dies liegt allein an der Urheberin all dieser zusammengetragenen Schätze. Denn die Installation stellt das künstlerische Schaffen von Isa Genzken dar, zeigt ihr Leben bis vorgestern. Denn sie stellt auch ganz aktuelle Kunst aus ihrem Atelier für diese Schau zur Verfügung.
Ihre Ellipsoide und Hyperbolos machten Isa Genzken bereits 1982 bei der dokumenta VII bekannt. Schon damals berechnete sie mit Computerprogrammen die Form ihrer Plastiken, die im nächsten Produktionsschritt per Hand millimetergenau produziert wurden. Damals eckte sie mit dieser Produktionsweise ungemein an. Heute liegen ihre Plastiken wie angespülte filigrane Kajaks mit jeweils nur einem bzw. zwei Berührungspunkten im Lichthof des Gropius Baus.
Wahrscheinlich wird es etwas eng werden, sobald das Publikum Zutritt erhält. Denn fast überall sind die Exponate mit feinen weissen Linien auf dem Boden gegen zuviel Nähe gesichert. Laut Kuratorin Beatrix Ruf, die auch Direktorin des Stedelijk Museums in Amsterdam ist, ist dies im Zeitalter der Selfies eine unabdingbare Notwendigkeit. Leider bleiben viele Perspektiven auf die Exponate dadurch verwehrt.
Doch was auf jeden Fall unglaublich präsent ist, ist die Wandelbarkeit der Künstlerin im Laufe ihrer Karriere. Niemals hat sich Isa Genzken auf einem Stil ausgeruht, und hatte er auch noch soviel Erfolg. Sie klebt nicht an einem Image, sondern lässt ihr sicher sehr wandelbares Leben in ihrer Kunst aufscheinen. Fragile Individualität selbst in wuchtigen architektonischen Werken, die mit leiser Ironie spielen und brutale Oberflächen mit absoluter Transparenz kombinieren. Ihr Beton zeigt Architektur ohne Verkleidung, völlig ehrlich die ursprüngliche Idee ungeschminkt zeigend.
All diesen Arbeiten ist eine Aufgeschlossenheit und eine Fähigkeit zur Reflektion gemein, die selten geworden ist; selbst im Kunstbetrieb. In Weiterentwicklung zur vorangegangenen Ausstellung im Stedelijk Museum Amsterdam kann man sich hier an solch wunderbaren Titeln wie Jacken und Hemden und Fuck the Bauhaus erfreuen. Von der Künstlerin selbst getragene Klamotten aus der Zeit der 90er Technoszene des letzten Jahrtausends in Berlin, aufgehübscht und an die Wand gehängt sehen sie im Museum wunderbar deplatziert aus. Auch New Buildings for Berlin wirkt ungemein ironisch. Transparente Spiegelfassaden, leicht und luftig, genau was Berlin mit seiner auf Traufhöhen beschränkten Restriktion völlig abgeht.
Und immer wieder Beton. Weltempfänger in verschiedensten Versionen, zunächst als Readymade – ein unverändert übernommener Standard-Kurzwellenempfänger auf einem Sockel, hier als Fotografie zu sehen. Dann als grobe Betonformen mit Antennen ausgestattet. Ein sehr passendes Bild für den Besucher, denn Offenheit und Aufmerksamkeit ist sehr hilfreich, um alle in dieser Ausstellung vorhandenen Signale aufnehmen zu können. Dann lässt sich auch eine Leichtigkeit erspüren, die sogar den Betrachter selbst reflektiert dekonstruiert.
9. April bis 26. Juni 2016
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin
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[:en]Text available in german only.
Exhibition lasts from April 09 until June 26 2016
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