Die Kunstwerke haben geladen, und alle kommen. In der Auguststrasse drängt sich das überwiegend schwarz gekleidete Publikum, ob auf dem Fahrrad oder auf High Heels. Dunkelblau designte Polizisten sperren die Strasse an diesem ersten lauen Sommerabend, gespannte Ruhe ohne vorbeifahrende Autos jetzt. Drinnen, im Hof der KW, noch dichteres Gedränge. Englisch, spanisch, italienisch, manchmal deutsch, kein arabisch, kein türkisch ist zu hören. Alle sind da. Meet and greet total, hier beispielsweise Nicole Löser von Whiteconcepts im Gespräch mit Christophe Knoch von Mica Moca:

Alle sind da, und alle sind wichtig. Event vom Feinsten, doch wo bleibt die Kunst? Diesmal soll es ja gar keine Kunst geben, No Art sozusagen, dafür aber Politik. Ja, genau. Ganz richtig gelesen: Politik. Statt Kunst. Denn die Kunst hat wohl nichts mehr zu sagen, sie schweigt sich sozusagen aus und vertraut einem neuen Phänomen, das global auftritt – naja, sagen wir fast global, denn in diesem unseren Lande wurde die Occupy Bwegung noch nicht wirklich gesichtet. Griechenland, Spanien, klar, USA auch, aber hier, bei uns?

Aber ja! Jetzt gibt es Occupy auch bei uns, in Berlin, endlich eine wahre und wahrhaftige Occupy Bewegung. Zwar ist sie nicht so richtig öffentlich, denn sie besetzt nicht etwa den Potsdamer Platz oder den Alexanderplatz oder die Wiese vor dem Reichstag, aber was solls, versteckt sie sich halt in den Kunstwerken, wo sie dann vom Kunstpublikum als Kunstwerk angestarrt wird. Das sieht dann etwa so aus:

Es wird viel geredet, eine Radiostation sendet, leider jetzt gerade, während ich hier schreibe, ausnahmsweise mal nicht, doch dafür gibt es ausgearbeitete Pläne wie in den besten Zeiten der Hausbesetzerbewegung:

Denn der globale Wandel, er wird kommen. Vielleicht nicht gerade durch diese hohle Gasse, doch hier glauben alle ganz fest daran: Die Symbiose der Kunst mit der Politik von Unten wird den Wandel bringen.

Bleibt eigentlich nur die Frage wer hier wen wandelt: Stärkt es die Occupy Bewegung, in den Kunstwerken aufgenommen, gleichsam aufgesaugt zu werden? Oder wäre es umgekehrt nicht wesentlich politischer, Kunst mit konkreten Forderungen und Konzepten im öffentlichen Raum einem breiten, unbedarften und unvoreingenommen Publikum um die Ohren zu hauen? Vielleicht könnte man diese schöne Kunstmaschine mit den plakativen politischen Begriffen mal vor das KDW stellen? Dort würde es mir wesentlich besser gefallen als in dieser engen Ecke in den KW.

Dann gäbe es vielleicht auch Reaktionen darauf. Vielleicht sogar unerwartete Diskussionen mit Menschen, die sich nicht darauf vorbereitet haben. Die den Diskurs nicht beherrschen, weder den politischen noch den der Kunstwelt. Die auch keine Kunst sammeln und auf die Steigerung ihres Wertes warten, sondern die einfach die Schnauze voll haben und ein Ventil brauchen. Vielleicht sollte die Kunst ihnen die Gelegenheit dazu geben bevor es andere tun, die wesentlich unangenehmer sind. Aber dies ist auch unbequemer, nicht so kuschelig wie in den Kunstwerken.

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